Integration im Kleingarten
Maik Prall
Vorsitzender der KGV Merseburg Süd „Pappellallee“
Vor vier Jahren wurde Maik Prall zum Vorsitzenden der Kleingartenanlage Merseburg Süd „Pappelallee“ gewählt. Mit über 200 Parzellen, die größte Kleingartenanlage im Kreisverband Merseburg. Zum Zeitpunkt seiner Amtseinführung waren die Pächter frustriert und untereinander verstritten. Die Kleingartenanlage hatte einen Leerstand von ca. 40 % zu verzeichnen. Also mehr als nur eine Herausforderung für einen Neuling, wie Maik es war.
In den fünf Jahren seiner Amtszeit organisierte er Gartenfeste, lud zu Gesprächsrunden ein und reduzierte den Leerstand auf ein Minimum. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt das er beruflich als Kraftfahrer im internationalen Verkehr unterwegs war. Zudem entstand unter seiner Leitung ein „Schulgarten“. Hier treffen sich wöchentlich die „Gartenzwerge“ der Kleingartenanlage zum Gärtnern und Basteln.
Durch das aktiv organisierte Vereinsleben wuchsen die Mitglieder wieder zu einer Gemeinschaft zusammen.
Er unterstützte die Studenten der Medien- und Kulturwissenschaft der Hochschule Merseburg, bei der Aufarbeitung der Geschichte. Während des ersten Weltkriegs befand auf dem heutigen Gelände der Kleingartenanlage ein Kriegsgefangenenlager, wo rund 40.000 Häftlinge verschiedenster Nationen inhaftiert waren,
Es entstand ein Audiowalk. Ein Audiowalk bedient sich einer Vielfalt an gestalterischen Mitteln und stellt die ästhetisch-sinnliche Erfahrung in den Vordergrund. Auf einer festgelegten Route durch die heutige Gartenanlage erlebt der Besucher ein atmosphärisches Hörspiel zum Gehen und Verstehen, Entdecken und Einfühlen.
Für diese Leistungen wurde Maik Prall, als erster ehrenamtlicher Vereinsvorstand, im Januar 2023 mit der Bürgermedaille der Stadt Merseburg geehrt. Diese Auszeichnung spiegelt auch die gute Zusammenarbeit im gesamten Vereinsvorstand und die Unterstützung der Gartenfreunde wider.
Durch den vermehrten Zuzug von den Flüchtlingen und Migranten entwickelte sich das Wohngebiet zum Brennpunkt der Stadt, was auch nicht spurlos an der Kleingartenanlage, die heute einen Ausländeranteil von fast 25% hat, vorüber ging.
Die angepachteten Parzellen wurden von den Migranten vermehrt als „Begegnungsstätte“ zum Shisha rauchen und grillen genutzt, was natürlich wieder zu Frust und Konflikten bei den Gartenfreunden, Anwohnern und Hausbesitzern sorgte. Schnell waren die Erfolge und Ehrungen vergessen, es folgten Beschwerden beim Vereinsvorstand, Stadtverwaltung und Ordnungsamt bis hin zu Polizeieinsätzen.
Bei Gesprächen mit Stadtverwaltung und Ausländerbehörde wurde dem Vereinsvorstand Hilfe und Unterstützung zugesichert, diese trugen aber nur wenig zur Problemlösung bei.
Zugewanderte in Deutschland haben durch Sprachbarrieren nicht ausreichende Möglichkeiten sich zu integrieren. Das führt zu Problemen, dem gefühlten Kampf um ohnehin knappe Ressourcen wie preiswerte Wohnungen, und letztlich zu Ablehnung oder gar Hass bei dem Einheimischen – und nicht selten zu Perspektivlosigkeit oder gar Kriminalität auf Seiten der Geflüchteten.
Herr Prall wandte sich an die Works gGmbH; ein in der Stadt ansässiges Bildungswerk, welches mit der Eingliederung der Migranten und Flüchtlingen vertraut ist. In dieser Zusammenarbeit wurde die Gartenordnung, ein für Ausländer völlig unverständliches Machwerk, auf den Prüfstand gestellt. Hieraus entstand eine einfache „kindgerechte“ Präsentation in 4 Sprachen mit den grundlegenden Anforderungen, die bei der Bewirtschaftung eines Kleingartens gestellt werden.
Mit dieser Präsentation lud der Vorstand, unterstützt von 2 Dolmetschern, zu einer Informationsveranstaltung alle Gartenfreunde ein. Er zeigte er auf, welche Anforderungen und Verpflichtungen an jeden einzelnen gestellt werden, wenn er sich dazu entschlossen hat einen Kleingarten in einem organisierten Kleingartenverein anzupachten.
Die zahlreichen Teilnehmer, unter denen sich auch Gäste von den Anwohnern des angrenzenden Wohngebiets befanden, folgten den Ausführungen interessiert.
In der anschließenden Fragerunde konnten noch viele Missverständnisse ausgeräumt werden. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Teilnehmer auch Verständnis für die unterschiedlichen Kulturen sowie für die Schwierigkeiten der Migranten und Flüchtlingen bei der Integration in unsere Gesellschaft haben, entwickeln konnten.
Nun bleibt es abzuwarten, ob diese Veranstaltung, was sicherlich nicht die letzte dieser Art war, den erhofften Erfolg bringt, die Teilnehmer die dargelegten Anforderungen umsetzen und sich somit Gartenfreunde, Anwohner und Migranten annähern und mehr Verständnis füreinander aufbringen.
An dieser Stelle auch nochmal herzlichen Dank an die Mitarbeiter der Works gGmbH für die freundliche Unterstützung und die Ausarbeitung dieser Präsentation.