Rauer Ton am Gartenzaun

Zunehmende Rücksichtslosigkeit beklagt der Kreisverband der Gartenfreunde Merseburg. Hinzu kommen Probleme wie verwaiste Gärten und fehlender Nachwuchs.
 

Von Beate Reinke

Das Grillen ist nicht erlaubt und die Möglichkeiten zum Aufstellen eines Pools sind sehr begrenzt – solche Regeln hört man besonders aus großstädtischen Kleingartenanlagen. Im Bereich des Kreisverbandes der Gartenfreunde Merseburg profitieren die Mitglieder der 63 angeschlossenen Vereine von mehr Freiheiten. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass die Zahl der verpachteten Parzellen stabil ist.

Doch weiterhin bleiben Gärten verwaist und haben aufgrund der demografischen Entwicklung keine guten Chancen auf neue Pächter. Die Schrebergärtner in der Region seien im Schnitt 50 bis 70 Jahre alt, erklärt Lutz Georgi, Vorsitzender des Kreisverbandes der Gartenfreunde Merseburg.

„Seit Corona sind die Leute mehr geneigt, für einen ordentlich angelegten Garten zu zahlen“, erläutert der Vorsitzende, der zugleich Mitglied des Präsidiums des Landesverbandes der Gartenfreunde Sachsen-Anhalt ist. Die Pandemie hatte einen Boom ausgelöst. Wurden 2022 insgesamt 3.482 Parzellen genutzt, so waren es ein Jahr später 3.705. „Die Spielplätze in den Gärten sind damals wie Pilze aus dem Boden geschossen.“ Ein Jahr später hatte sich die Nachfrage normalisiert. „Die Coronabonus-Gärtner sind wieder weg.“ Etwa 5.000 Vereinsmitglieder bewirtschaften nun 3.500 Gärten.

„Etwa 600 Parzellen sind ungenutzt“, stellt Jens Riedel, Mitglied des Kreisvorstandes, fest. „In manchen Vereinen liegt der Leerstand bei 50 Prozent. Auf dem Land ist es für die Vereine schwerer.“ Gartenanlagen am Geiseltalsee bilden Ausnahmen. Sie sind aufgrund ihrer Lage besonders gefragt. Die Kleingärtner kommen in der Regel aus dem unmittelbaren Umfeld ihrer Anlage, so der engagierte Gartenfreund. In Bad Dürrenberg allerdings seien auch Leipziger am Säen und Pflanzen.

Zur Sorge um den Parzellenleerstand kommt die um den rauer werdenden Ton gegenüber Ehrenamtlern. „Das Klima in den Vereinen ist so differenziert, wie die Menschheit ist. Die Leute sind den Vorständen gegenüber wohlgesonnen über neutral bis schwierig“, sagt Riedel. Anfeindungen gegenüber Vorständen und Sachbeschädigungen würden zunehmen.

Etwa in zehn Prozent der Fälle gebe es Probleme bei der Übergabe der Gärten. „Manche Gartenfreunde verschwinden von ihrer Parzelle und hinterlassen eine Bauruine“, berichtet Kreisverbandsvorsitzender Georgi. „Räumungen und finanzielle Forderungen sind die größten Probleme für uns.“ Weil diese Ärgernisse Jahr für Jahr zunehmen, hat der Landesverband inzwischen einen Syndikusanwalt eingestellt.

Im Merseburger Raum belaufe sich die Pacht für die Kleingärtner auf sechs bis 15 Cent pro Quadratmeter im Jahr, was im bundesweiten Vergleich günstig ist. „Je nach Gartengröße fallen 40 bis 60 Euro reine Pacht im Jahr an“, sagt der 60-Jährige. Generell sichert das Bundeskleingartengesetz eine Pachtpreisbremse zu. Diese setzt den Erholungswert des Gartens und Anbau zur Selbstversorgung voraus. In der Region würden diese Nutzungsvorgaben „nicht sehr streng“ umgesetzt. Man bemüht sich um eine Balance zwischen gesetzlichen Regeln und der Lebenswirklichkeit von heute.

Trotzdem ergibt sich Konfliktpotential mit einigen Gartenfreunden. „Manche wollen das Land nur zum Feiern“, bemerkt der Pensionär. Dies sei nicht zulässig. „Die Parzelle sollte kein Wildgarten sein oder kein reiner Erholungsgarten.“ Gegen einen abbaubaren Pool, der nicht größer als drei Meter im Durchmesser ist, sei nichts einzuwenden.

Traditionell pflegen Mitglieder im Kleingartenverein die Gemeinschaft. „Gartenfeste organisiert noch etwa die Hälfte der Vereine“, erklärt der Chef des Kreisverbandes. Pflicht sind dagegen die Arbeitsstunden. Ihre Zahl ist abhängig von der Vereinssatzung und richtet sich zum Beispiel nach der Größe der zu pflegenden Gemeinschaftsflächen. „Bei Nichtleistung werden – je nach Verein – 10 bis 50 Euro fällig. Stehen in der Anlage viele Gärten leer, ist man auf Pflichtstunden besonders angewiesen, um Verwilderung im Zaum zu halten“, so der Hobbygärtner.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung